Urban-Art Fotografie

Mal wieder ein paar echt hübsche Pieces! Aber sag mal: wie kannst Du das immer so den Künstlern zuordnen? Okay, bei einem oder anderem kann man den Schriftzug entziffern, aber hier oder dort kann ich nicht mal eine Signatur oÄ erkennen. Erkennst Du die am Stil? Hat sich schon mal einer wegen Falschzuordnung beschwert? :wink:

Die Zuordnung zu den einzelnen Künstlern ist ja eine langwierige Sache. Oft bin ich mir nicht sicher, wie z.B. hier. Allerdings weist der Style eine so große Nähe zu »Wahn« auf, dass ich geneigt bin zu glauben, es ist »Wahn«. Der 3D-Style ist nach wie vor rar. So viele Künstler gibt es also nicht, die dafür in Frage kommen. Seak oder Daim kann ich – aus verschiedenen Gründen – bei dem gezeigten Bild ausschließen.

Viele versuchen dagegen, Räumlichkeit in die Fläche zu projizieren, was vielfach Lesbarkeit und Zuordnung (für mich zumindest) erschwert. Da ich nicht immer differenzieren kann, was nun räumliche Projektion und was Teil des – eigentlichen – Schriftzugs ist. Mit der Zeit kann man allerdings bestimmte Styles einzelnen Künstlern zuordnen.

Beschwert hat sich noch keiner. Bei dem Bild dort ist oben links die Signatur von »Wahn« zu sehen. :wink:

Da! Eine Insel! Ah, jetzt, ja. ;))
Das ist ja echte Detektivarbeit! :smile: Sherlock Jupiter auf der Jagd nach der Urban Art. :smiley:

Das kann man sicher sagen. Es ist auch sehr zeitaufwändig. Wenn man an interessanten Stellen unterwegs ist, hat man ja schnell einige Fotos zusammen. Das Ergebnis dann aber thematisch zu gliedern, bzw. bestimmten Künstlern zuzuordnen ist nicht so einfach. Manchmal hilft ein Vergleich, wenn man zumindest eine bestimmte Idee hat. Natürlich habe ich zahlreiche Bilder – teilweise seit Jahren – bei denen es mir nie gelungen ist, den/die Künstler näher einzugrenzen.

– Dann muss Jupiter eben manchmal passen. :confused:

Habe eben an diesen Thread gedacht, als ich mit meiner Kamera unterwegs war. Nicht wirklich Kunst eines einzelnen Künstlers, aber irgednwie doch ein Gesamtkunstwerk :wink:


In einem früheren Beitrag habe ich schon einmal das Thema erwähnt, mit dem ich mich an dieser Stelle etwas ausführlicher beschäftigen möchte: Es geht um die so genannten Tags.

Der aus dem Englischen stammende Begriff bedeutet im hier relevanten Zusammenhang Markierung, und bezeichnet die Signaturen der Writer. Dabei handelt es sich – wenn man so will – um Unterschriften, die das selbstgewählte Pseudonym des Künstlers zum Inhalt haben. Diese Tags können in oder neben Bildern stehen, aber auch als Solisten auftreten. Außerdem gibt es Verdichtungen in Form von Ensembles.

In der Realität können Tags auf jeder Oberfläche erscheinen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich aber um Farbaufträge, die mit Hilfe von Sprühdosen, Filzstiften, Kreide, Pinseln, Farbflaschen etc. aufgebracht werden. Diese Objekte sind hier Gegenstand der Betrachtung.

Seltenere Formen wie Ritzungen in Holz, Glas oder Stein, sowie Varianten, die mit Klebeband, Montageschaum oder gar der Hilfe von Feuerlöschern aufgebracht werden, seien hier nur am Rande erwähnt.

Grundsätzlich bewegt sich die gesamte Kunst im öffentlichen Raum, sofern sie unter den Begriff Urban-Art fällt, was für Graffiti, Street-Art und natürlich auch für Tags gilt, in einer rechtlichen Grauzone. Der Umstand der illegalen Entstehung dieser Werke ist mir bekannt, hier aber nicht Gegenstand der Betrachtung.

Gegenstand der Betrachtung ist die Art und Weise der Ausführung bzw. die Erscheinung dieser Objekte, so wie sie sich dem Auge des Betrachters präsentieren.

Um eine größere Zahl an Bildbeispielen als in den bisherigen Beiträgen zeigen zu können, habe ich diesmal Collagen aus zahlreichen Tags eingefügt. So kann die Bezugnahme im Text unmittelbar mit dem darunter stehenden Bild in Verbindung gebracht werden, ohne erst ins Album wechseln zu müssen.

Bild 07 Tags Collage 01.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1993

Zu meinen Favoriten in diesem Genre zählt neben den »Beach Boys«, »Ink«, »Shimo« und »Barto« ohne Zweifel »Demo«. Auch wenn sein Tag, welches links im Bild zu sehen ist, auf den ersten Blick roh und grob ausgeführt erscheint, muss man sich vorstellen, dass es in großer Zahl, in immer gleicher Art ausgeführt, auftaucht. Das Objekt verfügt also über eine absichtsvolle Gestalt. Einen spezifischen Duktus.

Bei genauerer Betrachtung sieht man, dass die aneinander gedrängten Buchstaben zur Mitte hin einen kontinuierlichen Anstieg zeigen, der danach in einem – geometrisch ähnlichen – Abstieg ausläuft. Die gesamte Form lässt sich von einer elliptischen Form umschreiben (unten links) oder von einem gleichseitigen Dreieck, dem ein kreisförmiges Element angedockt ist (unten Mitte).

Die Signatur von »Der Herr und sein Knecht« (auf Blau, rechts) lässt sich als eine Schar von Vertikalen deuten, deren Anzahl sich nach unten hin reduziert. Ein abwärts gerichteter Keil, oder ein auf der Spitze stehendes Dreieck, wenn man so will (vgl. Abbildung unten rechts).

Bild 06 Tags Transformer 01.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1992

Der an sich unspektakuläre Schriftzug von »Netz« (links oben) zeigt in der Geometrie ebenfalls einen diagonal gerichteten Keil (siehe Abbildung links unten). Dadurch – ob nun beabsichtigt oder nicht – vermittelt das Objekt einen gewissen Nachdruck, der als solcher wiederum zweifellos in der Absicht des Künstlers liegt.

Ein Sonderfall ist der Schriftzug von »Shimo«, weil er ganz und gar das zeigt, was er selbst ist: Ein Fluss. Dieser Fluss ist horizontal in der handschrift-ähnlichen, gestreckten Typografie, dem nach rechts gerichteten Pfeil, der aus dem »O« herauswächst, der abgetreppten Unterstreichung, sowie – vertikal – in den herauslaufenden Nasen verwirklicht (vgl. Abbildung Mitte oben).

Man soll sich hier nicht von den Lauf-Nasen, die ja oft als mangelnde Beherrschung des Mediums betrachtet werden, täuschen lassen: »Shimo« ist ein routinierter Writer. Da läuft nix, wenn er es nicht so haben will.

Aber auch hier und das gilt für die Signatur von »Cage« genauso (vgl. Abb. rechts oben), sehen wir einen nach rechts gerichteten Keil (Abbildung Mitte unten), ein Dreieck, welches das Objekt in seiner Gesamtheit umschließt (Abbildung rechts unten).

Bild 05 Tags Transformer 02.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1991

Man mag sich vielleicht wundern und die Bezüge, die hier zur Geometrie hergestellt werden, zunächst für abwegig halten. Wenn wir aber die lateinische Schrift genauer betrachten (bei der griechischen ist es noch deutlicher, weil die wenigsten sie lesen können), sehen wir, dass sie sich aus Geraden und Gebogenen zusammensetzt. Dabei haben die Buchstaben »I«, »S«, und »O« eine Sonderstellung, weil sie jeweils nur eine der geometrischen Eigenschaften – sozusagen in ihrer Rein-Form – aufweisen. Das »C« gehört ebenfalls in diese Reihe.

Ausserdem ist es in unserem Kulturkreis weitgehend üblich, Namen mit einem großgeschriebenen Initial zu beginnen, dem kleiner geschriebene Buchstaben folgen. Ein keilförmiger Abstieg also, womit wir wieder bei der Geometrie wären.

Was ich damit sagen möchte ist, dass geometrische Kompositionen (vulgo: Buchstaben) in der Kombination ebenfalls geometrische Objekte hervorbringen. Ein Schluss, der in diesem Zusammenhang wenig überraschend erscheinen wird…

Allerdings – und das wäre der feine Unterschied – ergeben sie um so eher geometrische Objekte, wie der Künstler sich von dem eigentlichen Inhalt (der Bedeutung, dem Code) der Buchstaben löst, und je mehr er die gestalterische Ausformung derselben ins Auge fasst.

Man kann Tags demnach als ein Glied zwischen inhaltsdominierter Schrift und formbestimmtem Bild betrachten. Anders ausgedrückt: Tags sind Schrift auf dem Sprung zur Kunst.

Ein gutes Beispiel eines linearen Schriftzugs, der sich wegen seiner inhaltlichen Dominanz auf Distanz zur Geometrie hält, ist der Tag von »Foim«. Zwar findet der (in diesem Beispiel, siehe Bild links) vorangestellte Pfeil eine Entsprechung in der gestreckten Erscheinung des Namens, aber die gekurvten Anteile der Schrift wirken hinzugefügt. Man kann sagen, sie wirken hinzugefügt, weil sie hinzugefügt sind und keine unmittelbare Einheit mit den anderen Objekten bilden.

Daran gibt es grundsätzlich natürlich nichts auszusetzen. Jeder formuliert eben den Ausdruck, der ihm nahe liegt. Was mich aber überrascht und weswegen ich hier darauf hinweise, ist die Tatsache, dass gerade die Bilder von »Foim« (z.B. Vienna-Style) fließende, dynamische Formen aufweisen, die sehr künstlerisch sind. Dagegen zeigt die Signatur allerdings etwas, was dem Kölner U-Bahn Bau eindeutig fehlt: Stabilität. Eine Qualität also, die man nicht unterschätzen sollte.

Den »Beach Boys« ist mit ihrem Tag hingegen ein Signet von bestechender Prägnanz gelungen (vgl. Bild rechts). Es zählt neben den Tags von »Demo« und »Ink« für mich zu den schönsten. Hier ist die teils ineinander fliessende Schrift in eine angedeutete Kastenform gesetzt und durch ein eigenwilliges, hakenförmiges Ausrufezeichen ergänzt.

Bild 04 Tags Signets 01.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1990

»Mail« (Abb. oben links) geht einen anderen Weg. Man könnte sagen, er sucht die Diversifikation in der Uniformität, was ihm mit seiner schwungvollen Schlaufenschrift auch ganz hervorragend gelungen ist. Wir haben es hier mit einem hochdynamischen, schlaufenförmigen Objekt zu tun, welches den Inhalt in seiner Form versteckt, aber – dennoch – decodierbar bleibt. Das ist sehr ungewöhnlich. In ihrer komprimierten, zentrierten Form lässt sich die Signatur in ein Quadrat einschreiben (siehe Bild unten links) und zählt damit zu den zentralsymmetrischen Objekten.

Einmalig in ihrer oszillierenden Form ist die Signatur von »Ink« (vgl. Abb. oben rechts). Mit ihren symmetrisch ansteigenden Ausschlägen zeichnet sie einen, im Vertikalstrich des »K« endenden, scharfen Keil, dessen Prägnanz durch die diagonale Unterstreichung betont wird. Eine weitere Verstärkung erreicht dieses Objekt durch die Überlagerung mit einer zweiten Farbe und die Hinterlegung mit Schatten-Elementen. Diese Form lässt sich auch durch zwei nach links gerichtete Dreiecke unterschiedlicher Dimension beschreiben (siehe Abb. unten rechts).

Bild 03 Tags Transformer 03.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1989

Dem elliptischen Muster folgen – durch die Verwirklichung eines Binnenanstiegs – die Tags von »Hate« (siehe Abb. links oben und unten) und »Mex« (Abb. rechts oben und unten). Wobei auch letzterer ausschließlich Zeichen mit linearen Elementen verwendet. Durch Zeichenkontraktionen wird ein größerer Zusammenhalt, eine Verdichtung erreicht.

Bild 02 Tags Transformer 04.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1988

Abschließend möchte ich noch auf die Signatur von »Barto« eingehen. Jedem einzelnen Zeichen ist hier eine sehr individuelle Ausformulierung zugestanden worden, die in der bildhaften Gestaltung des »O« ihren originellen und sehr sympathischen Ausdruck findet (Abb. oben links).

In den Ensembles wird deutlich, dass eine Verdichtung der Tags in abgestufter Intensität zu einer Dominanz der Textur führt, die den einzelnen Schriftzug im Gewebe seiner Gesamtheit beinahe verschwinden lässt (vgl. die Ensembles unten links). Selbst farbige Akzente werden mehr als Gewichtung, denn als individuelles In-Erscheinung-Treten wahrgenommen. Auch wenn man aufgrund des hingeschmiert erscheinenden, roten Schriftzuges von »CME« (Abb. rechts) vielleicht nicht gleich drauf kommt: In Punkto Typografie zählen sie zu den bedeutenden Erfindern…

Bild 01 Tags Ensembles 01.jpg

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=1987

Wir kommen zum Schluss: Wer – nach meinen Ausführungen – Tags immer noch unbedingt für Geschmier halten möchte, soll es tun. Schließlich ist Jupiter kein Missionar. Soweit die Worte zur Schrift. :signs:

Sämtliche Bilder gibt’s – wie immer mit kurzer Erläuterung – auch im Album.

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Tolle Fotos :w00t:
Bin ein Fan von dir ab jetzt :blush:

Ok. :wink:

Interessantes Ensemble, das Du da gefunden hast. :smiley:

Nachdem ich kürzlich einen etwas längeren Beitrag zum Thema »Tags«
eingestellt habe, möchte ich heute den Maler »Mehr« vorstellen.

Er tritt durch eine charakteristische Ausformung der Block-Buchstaben mit gebrochenen Kanten und schlitzartigen Öffnungen hervor. Meist sind die Bilder von einer umlaufenden Rahmenform gefasst. In der Binnengestaltung werden gelegentlich (wie im Beispiel unten) verschiedene Verläufe ineinander gesetzt.

Die Produktionen von »Mehr« besitzen dank ihrer klaren, kristallartigen Formen eine sehr einprägsame Gestalt. Die geschlitzten Freiflächen kontrastieren gut mit der massigen Gestalt der Letter. Die abgekanteten Ecken erinnern mich zwar auch an die Architektur der 1980er Jahre, – die ich nicht mag – aber die reliefartige Gestalt der Schriftzüge erscheint wie aus einer soliden Masse herausgearbeitet. – Eine Steinmetzarbeit…

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2000

Bei der Betrachtung eines künstlerischen Werkes kann man sich z.B. fragen, wie es gemacht ist.
Man erkennt möglicherweise Farben, Texturen, Formen, Symbole, Schriften, Botschaften, Vorbilder,
Verweise usw. So betrachtet – vielleicht – ein interessierter Mensch die Werke der Kunst.

Nicht so der Bürger. Die erste Frage, die er stellt ist: »Darf der das?« Die zweite: »Wieso macht der das?«
Ähnlich schnell ist der Bürger mit den Antworten zur Stelle. Beantwortet er die erste Frage mit »Nein«, dann
kann es – der Bürger nennt das logisch – keine Kunst sein. Beantwortet er die Frage nach der Legalität dagegen
positiv, so kann er – Wer hätte das gedacht? – keinen Sinn im betrachteten Werk erkennen.
Darum – der Bürger nennt das logisch – kann es – Wer hätte das gedacht? – keine Kunst sein.

Kunst ist für den Bürger nur das, was er von anderen Gebetsmühlenartig, als Kunst vorgestellt bekommt.
Wenn die – für ihn maßgebenden – Autoritäten so gnädig sind, ein Werk für ein Kunstwerk zu befinden,
dann ist es auch für den Bürger ein solches. Sonst – der Bürger nennt das logisch – natürlich nicht.

Dem Bürger ist vor allem jede Manifestation von Freiheit verhasst.
Er hasst mithin alles, was nach Phantasie, Kreativität, Verwirklichung
und Freiheit riecht, oder ihm diesen Anschein macht.

Der Bürger übt einen Beruf aus, der ihm nicht gefällt. Er ist mit einer Frau verheiratet, die er nicht liebt,
hat Kinder, die er nicht wollte. Er geht in eine Kirche, an die er nicht glaubt, unterhält sich über Dinge,
die ihn nicht interessieren, wählt eine Partei, die man in seinen Kreisen eben so wählt, und besucht Veranstaltungen
und Vereine, die man eben so besucht, weil man sie eben schon immer besuchte und die Anderen es ebenso tun.

Der Bürger nennt das logisch.

Was der Bürger vor allem weiß ist, dass sich die Verhältnisse nie, nie, nie ändern werden.
Mit Kopfschütteln betrachtet er den Untergang des Römischen Reiches oder die Französische Revolution.
»Unerklärlich« nennt er das. »Unbegreiflich!«

Was der Bürger weiß, aber nicht sagt, ist, dass er in allen Erscheinungen seiner Existenz fremdbestimmt ist.
Der Bürger nennt diesen Zustand »Mündigkeit«. Er käut das wider, was ihm vorgegeben wurde. Lebt in den Hülsen,
von denen man ihm sagt, sie seien für ihn passend. Er füllt sie auch sehr gut aus. Das muss man zugeben!
– Klar, dass er tausendmal besser ist als die, die sich mit der »brotlosen« Kunst beschäftigen.

Sich selbst und seine Ideen in unmittelbarer, schöpferischer Form auszudrücken, käme dem Bürger nie in den Sinn.
Deshalb sollen es andere auch nicht tun. Denn, was hätte das schon für einen Sinn?
Etwa den, dem Bürger vor Augen zu führen, dass es jenseits der eingefahrenen Gleise, die er »ewig« nennt,
Möglichkeiten eines freien, selbstbestimmten Lebens gibt?
Diese Möglichkeiten gibt es nicht. Der Bürger hat sie – *schon seit langem * – verkauft.

Auf diesem Weg geriert sich der Bürger zum glühendsten Verteidiger von Verhältnissen,
unter denen er selbst am meisten leidet, deren Opfer er ist. Alles, was er anderen Menschen
wünscht, ist: Leiden. In aller Höflichkeit, – versteht sich. Der Bürger nennt das logisch.

Und deshalb hasst der Bürger die Kunst und die Künstler.

Überhaupt hasst der Bürger jeden, der sich erdreistet, sich in einer Form auszudrücken,
die nicht von den Autoritäten – oder denen, die er für solche ansieht – vorgesehen ist.
Schließlich gestattet er sich das selbst auch nicht.

Grenzüberschreitung? – Verbrecher, Taugenichtse, Nichtskönner: Künstler. Der Bürger nennt das logisch.

»Künstler! Maler!! Vandale!!! – Mach es wie der Bürger. Der weiß, was ewig währt. Er weiß, was richtig ist, und was erlaubt. Er zeigt Dir, wie man sich legal verhält, und kann Dir erklären, warum nur die alten Meister »richtige« Künstler waren.
Künstler! Maler!! Vandale!!! – Komm zum Bürger! Komm zur Wahrheit! Komm zum Sinn!«

Ja. – Glaubt man’s? ;))

Weitere Bilder – wie immer – im Album.

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2021

Wieder einmal ein echt gelungener Gedankensplitter! :yeah:

Danke dafür & Frohe Ostern, mein einäugiger Freund…

Hmm,
also die Sachen vom “Wahn” sind echt ganz nett anzusehen…
ich finde immer noch die Sachen die draussen gemacht werden…
Auf Trains oder an der Line einfach irgendwie besser…
Ich finde da wird mehr Leben in manchen Bildern reingepumpt und haben mehr zu erzählen…
Ich spreche da aus eigener Erfahrung…
Ich hatte mir mal in letzten Tagen das Buch
Odem:On The Run durchgelesen…
Und finde es sehr gut,
aber mann wird sich glaube ich nie einig werden ob Graffiti eine Kunstform ist.

Besten Gruß…

P.S: Schon das es auch mal in einem Mac-Forum das Thema Graffiti aufgegriffen wird…
und man darüber ein wenig schnacken kann :wink:

Also ich bin mir da ziemlich einig. ;))

Fundstück
Als ich Anfang April mal unterwegs war, fand ich eine Skizze auf dem Boden.
Ob sie jemand verloren, vergessen oder weggeworfen hat, weiß ich nicht.
Ein dazu passendes Bild konnte ich in der Umgebung nicht finden.
Ich machte ein Foto, und ließ die Skizze da, wo sie war. Auf dem Boden.

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2044

Wenn man auf Bilder wartet, und irgendwo rumhockt, passiert meist gar nichts.
Ist man dagegen mit etwas anderem beschäftigt, und denkt nicht dran,
kommen sie plötzlich aus allen Richtungen. Tücke des Schicksals, würde ich sagen…
Oft sind sie dann zu weit weg, in einem schlechten Zustand oder fahren einfach zu schnell vorbei.
– Was will man machen?

Dennoch bietet sich gelegentlich die Möglichkeit, Bilder informeller Künstler in Ruhe zu betrachten,
und auch – Wer hätte das gedacht? – ein paar Fotos zu machen. Das hier gefällt mir besonders gut.

[size=85](Das Bild in der Totalen gibt’s im Album.)[/size]

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2067

An der Bahnlinie, dem natürlichen Aktionsraum der Writer, gibt es immer wieder etwas zu entdecken. Besonders beliebt sind die parallel zu den Gleiskörpern angebrachten Schallschutzwände. Die Varianten mit gelochten Blechverkleidungen bieten durch ihr regelmässiges Raster, und die ansonsten glatte Oberfläche, einen geeigneten Untergrund. In der Summe addieren sich die Bilder zu einer gigantischen Freilicht-Galerie, von der ich in diesem Thread – hin und wieder – ein paar Beispiele zeigen werde.

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2074

Weitere Bilder gibt’s im Album.

Kürzlich wurden an einer Regional-Station die Schallschutz-Wände umgebaut. Diese Wände bestehen aus metallkaschierten Sandwich-Elementen unterschiedlicher Länge, die aufeinander gesteckt werden. Seitlich werden diese Elemente von Doppel-T Trägern gehalten. Da offenbar gerade nichts vernünftigeres zu tun war, entschied man sich, im oberen Bereich ein transparentes Modul einzufügen. Was man dadurch sehen können soll, bleibt unklar.

Natürlich waren die Sandwich-Module mit Bildern verschiedener Writer gestaltet. Die Mühe, die Bilder zu entfernen sparte man sich. Man nahm also die Sandwichmodule auseinander und setzte sie anschließend – irgendwie – wieder zusammen. Dadurch entstand ein bunter Remix der vorherigen Bilder.

Einzelne (z.B. von Mehr) lassen sich dennoch erkennen, andere wurden in streifigen Fragmenten über die ganze Wand verstreut… Sieht gut aus. :wink: – Vielleicht sollte man die Elemente in Zukunft vor dem Abbau nummerieren?

Weitere Bilder gibt’s (wie immer) im Album.

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2080

[OT]
Ich hätte hier die andere Art…nicht Streetart sondern Waterart :unamused:


Gesehen auf der Trave, Nähe Tonne 28
[/OT]

Nach „Kunst am Bau“ jetzt auch „Bau an Kunst“? :smiley:

Passt schon. :wink: Groß isses ja… Außerdem gibt’s noch viele blanke Flächen.
Die Stelle hätte das Zeug zu 'nem echten »Hot-Spot« zu werden. :smiley:
Was ist denn das für ein Bildformat? Ist das beschnitten, oder gestitcht?

Jo. Oder auch »Bau trifft Kunst«. – Motto: Das kriegen wir schon irgendwie hin:wink:

Das ist geschnitten, nahe ran fahren konnten/wollten wir nicht, darum war genug Raum. Platz ist an der Stelle noch jede Menge und es gibt noch diverse andere :wink:

Dann zeig doch mal was… :wink:

Neben der Trainline (und natürlich den Trains), sind verlassene Industrieflächen für die Graffiti-Kunst von herausragendem Interesse. Größere Städte und bestimmte Regionen haben davon – insbesondere seit dem Niedergang der Schwerindustrie in den 80er/90er Jahren – einige zu bieten. Manche der ausgeschlachteten Produktionsstätten liegen über Jahre hinweg brach, statt eingeebnet zu werden. Vielfach bedarf es genauer Bestands-Analysen, Bodenuntersuchungen und Planungsprozesse um die zukünftige Bestimmung dieser – meist größeren – Areale festzulegen.

Intakte Konstruktionen sind natürlich ein Glücksfall, schaffen sie doch geschützte Räume, die Flächen für ungestörtes Arbeiten bieten. Zudem ist diese besondere Atmosphäre der Ruhe und Verlassenheit etwas Einmaliges in der Großstadt (oder ihrem Umfeld). Wo früher tausende Menschen arbeiteten und Generationen ihren Alltag verbrachten, wächst heute Farn die Wände hoch. Während die ehemaligen Freiflächen so dicht mit Vegetation überwuchert sind, dass sie teilweise nicht mehr ohne weiteres passierbar sind. Durch die oft verwendeten, typischen Oberlichter werden die Hallen in einer Intensität ausgeleuchtet, die durch vertikal stehende Fensterflächen niemals erreichbar wäre. Gut für Pflanzen, Bilder und auch die Fotografie.

Bei bedecktem Himmel ist das Licht sehr gleichmässig und es gibt kaum Verschattungen, während ungetrübte Sonneneinstrahlung punktuell Akzente setzt, die mit der (dann dunkleren) Umgebung deutlich kontrastieren. Der Zusammenklang von Industrie-Ambiente und Graffiti hat etwas Einmaliges, das mich begeistert. Gleichwohl kann man dort natürlich nicht so einfach herum spazieren. Besonders in den zweigeschossigen Abschnitten ist Vorsicht geboten, weil es über Schacht-Öffnungen im Boden überall abwärts geht. Man muss immer aufpassen, bevor man zwei Schritte rückwärts macht, etwa um den richtigen Abstand zum Motiv einzunehmen.

Mit der Zeit verändert sich auch diese Umgebung sehr stark. Als ich zuerst dort war, gab es nur im vorderen Bereich einige Bilder, die – so weit ich mich entsinnen kann – fast alle von CPS stammten. Mittlerweile ist der Bestand in gigantischem Umfang gewachsen. Man kann – ohne Übertreibung – sagen, es ist (von der Trainline vielleicht abgesehen) das größte zusammenhängende Ensemble in der Region. Ein Experimentierfeld für die Einen, eine Industrie-Galerie für die Anderen. Eine Insel, eine Oase, eine Paralellwelt. Getrennt von der Anderen durch hohe, unüberwindliche, stacheldrahtbekrönte Mauern aus Ziegelstein.

In unregelmäßiger Folge werden weitere Industrial-Bilder ins Album gestellt.
Ich werde dann hier im Thread mit einem kurzen Text darauf verweisen.
Weitere Bilder gibt’s (auch diesmal) im Album.

http://www.macmini-forum.de/gallery/image.php?album_id=46&image_id=2088